Preisexperimente und die Intuition

Produkt vor Preis – und erst der genaue Blick auf einzelne Preiskomponenten liefert Ergebnisse.

Sinkt der Preis, steigt die Nachfrage, behauptet die Wirtschaftswissenschaft. Das sollte ein Paradies für digitale Güter schaffen, die nicht knapp werden können. Es sollte kein Problem sein, Preise zu reduzieren, mehr Nachfrage zu schaffen und damit einen Markt aufzubauen. 

Subscription-Benchmarks lassen allerdings durchklingen, dass viele Publisher beim Versuch, mit Preisen zu experimentieren, Gegenteiliges erleben. 

Die Erwartung ist oft: Wenn es billiger ist, werden mehr Leser kaufen. Wenn Preissprünge im Verlauf der Kundenbzeiehung niedriger sind, werden mehr Leser länger bleiben. Und: Wir müssen vorsichtig sein, wenn wir Einstiegspreise erhöhen. 

Die Ergebnisse sind oft ganz andere: 

  • Einstiegspreise haben innerhalb einer Bandbreite sehr geringe Auswirkungen auf Conversion Rates. Solange Leser den Preis als überschaubar empfinden, werden sie kaufen – vorausgesetzt, das Interesse ist vorhanden. Kaufinteresse schlägt den Preis allemal. Die Erhöhung von Schnupperpreisen von einem auf zwei Euro bedeutet für Leser nur einen Euro Unterschied, aber eine Umsatzsteigerung von 100 Prozent in diesem Segment. 
  • Höhere Einstiegspreise wirken sich schlecht auf die Dauer bis zur Kündigung aus. Je höher der Einstiegspreis ist, desto schneller wird auch wieder gekündigt. Viele Subscriptions werden aus Reflex sehr schnell wieder gekündigt. Leser möchten automatische Verlängerungen und eventuelle Bindungen vermeiden. Das betrifft vor allem Gelegenheits-Abonnenten. Höhere Einstiegspreise verstärken diesen Reflex. 
  • Höhere Einstiegspreise wirken sich positiv auf Retention Rates aus. Im Durchschnitt kündigen User schneller – ingesamt aber kündigen bei höheren Einstiegspreisen aber weniger User. Nach Ablauf einer bestimmten Frist sind bei höheren Einstiegspreisen noch mehr Abonnenten aktiv als bei niedrigeren. 
  • Niedrigere Verlängerungspreise wirken sich kaum auf die Behaltedauer von Subscriptions aus. Auch die Höhe des Unterschieds zwischen Einstiegs- und Verlängerungspreis zeigt kaum Wirkung. Insgesamt hat der höhere Einstiegspreis eine leicht positive Auswirkung auf die Lebensdauer einer Subscription und eine etwas stärker positive Auswirkung auf die in dieser Spanne erzielten Umsätze.

Auf den ersten Blick wirkt es oft, als hätten Preisexperimente kaum Wirkung oder als brächten sie sogar widersprüchliche Effekte. Billiger bedeutet keineswegs mehr. Licht bringt die genauere Analyse, die unterschiedliche Preiskomponenten in Beziehung zu verschiedenen Kennzahlen setzt. Dann lässt sich erkennen, welche Preiskomponenten welche Auswirkung haben. 

Die gute Nachricht: Beim Einstiegspreis ist die Sensibilität oft nicht so hoch wie zuerst vermutet. 

Die mittelgute Nachricht – abhängig davon, wie hoch die Attraktivität des Produkts eingeschätzt wird: Das richtige Produkt für die richtigen Leser zu finden, ist für den Umsatz relevanter als die aggressivste Tiefpreisstrategie. 

Scoring

Je präziser KPIs und Scores sind, desto später können sie berechnet werden. Das ist gut für Personalisierung oder Recommender, aber weniger gut für Management und Steuerung.

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